Völlig orientierungs- und haltlos kam Hundemädchen Cara aus dem rumänischen Brasov nach Nordhessen – ohne Vertrauen in den Menschen, kein Verständnis für das Konzept „Zusammenleben“. Es scheint naheliegend, dass das Mischlingsmädchen in den ersten Wochen seines Lebens kaum Berührungspunkte mit Zweibeinern hatte und ihm deswegen auch die Chance auf eine hinreichende Sozialisation entgangen ist. Während andere Hundekinder in ihrem Alter auf jede Form der Aufmerksamkeit und Anerkennung mit Begeisterung reagieren, bricht in Cara schon Panik aus, wenn sie nur etwas genauer gemustert wird.

Dabei fällt es schwer, die kleine Schönheit nicht ständig anzusehen. Doch genau das ist ein erster, wichtiger Gefallen, den man der jungen Hündin tun kann. Das grundsätzliche Verständnis für hündische Kommunikation und Körpersprache ist unabdingbar, um Cara auf dem Weg in ein nahezu „normales“ Hundeleben zu helfen. „Nicht anstarren, nicht drüber beugen“ – Wer Anweisungen wie diese bisher nicht verstanden hat, bekommt von Cara genauer erklärt, was es damit auf sich hat.

Um Cara trotz Tierheim-Status und ausbleibender Anfragen ein wenig unter die Pfoten zu greifen, darf sie seit Mitte Mai tagsüber mit ins Tierhafen-Büro und abends mit nach Hause. Dort soll sie einige Alltagssituationen kennenlernen und mutiger werden. Einige Fortschritte stellten sich sehr schnell ein: Das Treppensteigen lernte sie noch am ersten Tag, das selbstständige Ein- und Aussteigen ins/aus dem Auto funktionierte ab Tag 3, Ruhe halten im Büro war praktisch von Anfang an möglich.
Dabei ist sie sehr unauffällig, zieht sich in eine ruhige Ecke unter dem Tisch zurück und geht jeglicher Konfrontation aus dem Weg.

Generell ist Cara sehr deeskalierend und sucht keinen Streit – weder mit anderen Tieren noch mit Menschen. In Konfliktsituationen (bspw. wenn ihr Fremde entgegenkommen) neigt sie eher zum Einfrieren oder zur Flucht (bspw. wenn sie sich in der Schleppleine verheddert), weswegen sie nach wie vor mit Sicherheitsgeschirr und teils mit doppelter Sicherung ausgeführt wird.

In reizarmer Umgebung zeigt sich Cara sehr gut leinenführig, sowohl an der kurzen Führleine wie auch an der 5-Meter-Schleppleine. Einfache Kommandos wie „weiter“, „hier lang“, „warten“, „anziehen“, „ausziehen“ und „einsteigen“ hat Cara schnell verstanden und verinnerlicht. Von ihren Lieblingsmenschen lässt sie sich sehr gern kraulen. Andere Personen können sie nach einiger Zeit ebenfalls streicheln, hier zeigt sich Cara aber teils noch sehr unsicher und reagiert mit Einfrieren. Erste Massage-Einheiten mit der Bürste hat sie schon genießen können.

In der Wohnung verhält sich das Mäuschen aktuell möglichst unauffällig (von einigen nächtlichen Spieleinlagen abgesehen). Sie ist stubenrein, bleibt problemlos auch für ein paar Stunden (mit Zweithund) allein ohne die Bude auf den Kopf zu stellen. Zum Schlafen bevorzugt sie es, auf einer Matratze oder dem blanken Boden zu schlafen - Als stünden ihr nicht zahlreiche Körbchen und Decken zur Verfügung...

Große Begeisterung verspürt Cara im Beisein anderer Hunde. Bisher ist sie jedem Artgenossen gegenüber freundlich gesinnt, zeigt aber auch eine Vorliebe für ruhige, souveräne Kandidaten. Fühlt sie sich wohl, fordert sie ihr tierisches Gegenüber auch zum Spielen und Rennen auf und sucht gern ihre Nähe. Da sie ihr eine große Unterstützung und Orientierung sind, möchten wir Cara unbedingt zu einem netten Ersthund oder in eine bestehende, freundliche Hundegruppe vermitteln. Sie zeigt eine tolle Kommunikation, beschwichtigt viel, weiß sich aber auch klar sowie fair auszudrücken, wenn ihr jemand zu aufdringlich wird.

Cara genießt Ausflüge in der unberührten Natur sichtlich und besonders Abstecher ins hohe Gras, welches ihr den Bauch kitzelt. Sie hat außerdem eine Schwäche für stinkende Haufen, in denen sie sich sehr gerne suhlt.

Für Carinca – wie sie mittlerweile auch häufig genannt wird – hoffen wir auf ein empathisches und ruhiges Zuhause, in welchem sie den Halt und Schutz vorfindet, der ihr bisher gefehlt hat. Cara ist kein Anfängerhund, sondern tatsächlich für Leute bestimmt, die wissen, was sie wollen und können, mit Rückschlägen umgehen können und deren Erwartungshaltung zumindest anfangs nicht allzu hoch gesteckt ist.

Bislang ist Cara mit angezogener Handbremse auf dem größten aller Berge unterwegs. Wo sind die Menschen, die ihr helfen, die Bremse zu lösen und Cara erklären, wie man die Gangschaltung richtig nutzt, um sicher ans Ziel zu kommen?