Oh Chanel, was ist nur aus der kleinen rotzfrechen und unbekümmerten Göre geworden, die im Juni 2021 bei uns eingezogen ist? Das einstige Dauerlächeln ist einem strengen Gesicht gewichen und kommt nur noch zum Vorschein, wenn du mit deinen Hundekumpels herumdödeln kannst oder dich ausgelassen über den Besuch deiner Bezugspersonen freust.

Nach über einem Jahr im eigenen Zuhause kam die inzwischen ausgewachsene Rumänin aus der Vermittlung zurück. Charakterlich war sie kaum wiederzuerkennen und in den ersten Tagen hingen ihr meterlange Speichelfäden aus der Schnute, so gestresst war sie. Von ihrer eigenen Unsicherheit überwältigt, dauerte es einige Tage, bis sie ihren Pflegern Vertrauen schenkte. Als sie merkte, dass die Chancen für ein, zwei, drei Freundschaften nicht ganz schlecht standen, ließ sie bald darauf auch immer öfter den Clown hervorblitzen, der eigentlich in ihr schlummert.

Was genau der Auslöser für ihre Sorgen war, lässt sich für uns nicht rekonstruieren. Diese sollen sich laut ihrer zwischenzeitlichen Halter in den Monaten vor der Rückgabe ins Tierheim aber fortwährend verschlechtert haben und sich auch in Scheinangriffen gegen Fremde und Kinder geäußert haben.
Im Tierhafen ist auffällig, wie schlecht Chanel mit Druck umgehen kann. Ihr ist es oft schon zu viel, wenn sie von fremden Menschen angeschaut wird. Ist der Fokus auf sie gerichtet, blockt Chanel oft und unmissverständlich ab, geht dann ins Drohen und würde definitiv auslösen, wenn ihre Zeichen missachtet werden. Auf Spazierrunden mit neuen Gassigängern wird sie daher prinzipiell mit Maulkorb abgesichert. Wird sie beim Gassi von einem Artgenossen begleitet, den sie gut kennt, wirkt sie deutlich motivierter und gelöster, zeigt mehr Interesse an ihrer Umwelt und lässt sich auch mal gehen.

Der „normale“ Alltag brachte Chanel in der Vergangenheit immer wieder aus dem Konzept. Ob das Klingeln der Tür, die Geräusche aus dem Fernseher, Menschen vor dem Fenster oder Männerstimmen – Viele Gespenster machten ihr das Leben schwer, welchen sie zukünftig gemeinsam mit ihren Haltern und professioneller Hilfe beim gezielten Training begegnen möchte.

Mit ihren Bezugspersonen und im bekannten Umfeld entpuppt sich Chanel als Klassenclown, lässt sich knuddeln und fordert Streicheleinheiten aktiv ein. Probleme hatte sie in der Vergangenheit definitiv damit, zur Ruhe zu finden. Durch ihr allzeit hohes Stresslevel war es ihr kaum möglich zu fressen, weswegen sie noch immer an ihrem Idealgewicht arbeitet.

Für sie suchen wir dringend Menschen, die ihr Halt und eine souveräne Führung geben können. Für Anfänger ist sie definitiv nicht geeignet und auch nicht für Menschen, die ihre Baustellen auf die leichte Schulter nehmen oder kleinreden. Spaß und Motivation für langanhaltendes Training, ein langer Atem, um auch Rückschritte zu verkraften und die Bereitschaft, im eigenen Leben Kompromisse für Chanel einzugehen, sind unabdingbar, um in ihr eine Freundin für immer zu finden.

Auf Kontakt zu Kindern und Events mit mehr als fünf Menschen kann sie getrost verzichten, dafür hat sie aber ein Herz für Katzen. Im Tagesauslauf tobt sie liebend gern mit ihren Artgenossen herum und ihr Tierheimzimmer teilt sie sich aktuell mit einer weiteren Hündin.